Wir planen die Gründung des Vereins "Geschichtswerkstatt Teltow e.V."

Am 6. März 2024 hat Gunter Demnig an sechs Orten neue Stolpersteine in Teltow verlegt. In Kürze folgen Biografien der Verfolgten.

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8. Mai Wir gedenken der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, die hier in Teltow während der Naziherrschaft in zahlreichen Betrieben arbeiten mussten und derer, die zu Tode kamen und in fremder Erde begraben wurden.

27. Januar Holocaust-Gedenktag

Quelle: Stolpersteingruppe Teltow; Plakat zur Ausstellung

Stolpersteine in der Max-Sabersky-Allee 4 / Verlegung durch Gunter Demnig

Wir sind eine Gruppe engagierter Menschen unterschiedlicher politischer Richtungen aus Teltow und Umgebung, die sich der Erforschung der Geschichte der Stadt Teltow im 20. Jahrhundert widmet.

Bereits im Jahr 2008 fanden wir uns auf Initiative des damaligen SVV-Mitglieds Rolf-Dieter Bornschein (SPD) und der Historikerin Dr. Gabriele Bergner (SPD) als „Stolpersteingruppe“ zusammen und konnten im Jahr 2011 von Gunter Demnig die ersten Stolpersteine für jüdische Mitbürger verlegen lassen. Die vorbereitende Ausstellung im Rathaus unter dem Titel „Sie waren unsere Nachbarn  – Jüdisches Leben in Teltow bis 1945“ wurde von vielen interessierten Bürgern und Schulklassen der Stadt besucht. 2013 folgten neue Stolpersteinverlegungen auch für Euthanasieopfer und politisch Verfolgte unter Beteiligung einiger Nachkommen. In Teltow gibt es bisher 26 Stolpersteine.

Nun weiten wir unsere Recherchen aus und befassen uns mit weiteren politisch Verfolgten, mit Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen, aber auch mit Tätern. Wir wollen die NS-Zeit in Teltow umfassend aufarbeiten mit dem Ziel, die bisherige Forschungslücke zu schließen.

Interessierte sind herzlich zur Mitarbeit eingeladen!      

Jüdisches Leben in Teltow bis 1945: Ein Kapitel der Stadtgeschichte nach neuesten Forschungen 

Als Ergebnis einer langen Recherchearbeit fand im Rathaus der Stadt Teltow vom 15. bis zum 30. Januar 2011 die Ausstellung “Sie waren unsere Nachbarn – Jüdisches Leben in Teltow bis 1945″ statt, die erste wissenschaftlich fundierte Darstellung der Judenverfolgung an diesem Ort.  Die 20 erstellten Biografien, deren Grundlage Fotos und Dokumente aus Archiven, Bibliotheken und Datenbanken und von Privatpersonen bildeten, sollten das verheerende Ausmaß der NS-Herrschaft in dieser märkischen Kleinstadt deutlich machen. Die Ausstellung wollte beweisen, dass der Antisemitismus hier nicht harmloser als anderenorts war. Im Sommer 2011 erschien unter dem gleichen Titel ein Ausstellungskatalog mit einer Auflage von 170 Exemplaren. 

Fritz Sabersky

Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts sind in Teltow Juden bezeugt. Jedoch setzte die eigentliche Geschichte des jüdischen Lebens mit der Entstehung der Teltower Villenkolonie Seehof seit 1871 ein. Der aus Berlin stammende jüdische Kaufmann Max Sabersky (1840-1887), der mit landwirtschaftlichen Produkten und Nahrungsmitteln handelte, parzellierte das seit 1841 bestehende und nach dem Teltower See benannte Bauerngut und legte ein Straßen- und Wegesystem an. Durch die Expansion Berlins als Reichshauptstadt entwickelte sich Seehof zu einem Vorort für Künstler, Wissenschaftler und Unternehmer. Insbesondere jüdische Persönlichkeiten aus der Metropole waren hier ansässig. Sowohl das Gutshaus in der Lichterfelder Allee als  auch die Villa von Max Sabersky in der Max-Sabersky-Allee 22 stehen noch.

Persönlichkeiten wie der Rechtsanwalt Erich Frey (1882-1964), der AEG-Direktor Paul Mamroth (1858-1938), die Opern- und Kammersängerin Ottilie Metzger-Lattermann (1878-1942) und der Pionier des Bildjournalismus, Erich Salomon (1886-1944) nutzten diese Gegend als Wohn- und Sommersitz. Allgemein betrachteten die jüdischen Bürger Teltow als ihren Lebensmittelpunkt und unterhielten hier teilweise auch ihre Geschäfte.

Zur Zeit des Nationalsozialismus  wurden die Teltower Juden ihrer bürgerlichen Rechte sowie ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt. Viele emigrierten ins Ausland und mussten den größten Teil ihrer Vermögenswerte in Deutschland zurücklassen. Die Nachkommen Max Saberskys, denen die landwirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gut Seehof untersagt war, mussten zur Finanzierung ihrer Auswanderung ihren 84 ha großen Landbesitz unter Wert verkaufen. Dieser wurde unter der Aufsicht der Teltower Stadtverwaltung von 1933 bis 1939 von einem Makler zum Bau von 1000 Eigenheimen für Neusiedler parzelliert und verkauft. Dennoch rettete das Exil Personen wie Metzger-Lattermann oder den Bildjournalisten Erich Salomon nicht vor der Deportation ins KZ, wo sie schließlich umgebracht wurden.

Nur wenige Teltower Juden erfuhren Hilfe durch ihre nicht-jüdischen Mitbürger. Der Großteil der Bevölkerung verschloss vor den nationalsozialistischen Repressalien die Augen und profitierte sogar von deren beschlagnahmten Besitz. Bei der Volkszählung im Mai 1939 wurden in Teltow noch Juden erfasst. Von den Emigranten kehrte nach dem Krieg keiner mehr in seine alte Heimat zurück. (Text: Jens Leder)

Martin Baumann                                                         Kleiststraße 13

wurde 1881 in Müncheberg geboren, wo er Betriebsleiter einer Kartoffelflockenfabrik war, die 1937 als jüdischer Besitz enteignet wurde. Anfang 1938 lebte er mit seiner Familie zunächst in Berlin, wenig später in Teltow wegen Geschäftsbeziehungen bei Walter Zehden in der Kleiststraße. Am 2. März 1940 wurde Baumann in das KZ Sachsenhausen deportiert. Im gleichen Jahr, am 16. September 1940, kam er ins KZ Dachau, wo er schließlich am 30. Juni 1941 starb.

Stanislaus (1880-1974) und Anna Binek (1886-1945)     Striewitzweg 24

Der Arbeiter Stanislaus Binek kam am 29. April 1880 in Groß Topola (Provinz Posen) zur Welt. Er war seit 1908 verheiratet mit Anna Pawlik (* 8. August 1886 in Dzielau / Kreis Cosel in Oberschlesien), mit der er in Stahnsdorf in der Lindenstraße 24 wohnte. Das Ehepaar hatte vier Kinder. Seit 1912 lebte die Familie in Teltow in der Lindenstraße 24. In den 20er Jahren engagierten sie sich in der KPD und zogen in den Striewitzweg 24, wo sie sich ein eigenes Haus bauten. Im Sommer 1933 wurde Stanislaus Binek wegen des Verdachts auf Verbreitung kommunistischen Schriftguts (z. B. Rote Fahne) verhaftet. Anfang August gelangte er daraufhin ins KZ Oranienburg, am 7. September 1933 ins Lager Sonnenburg in der Neumark. Es ist nicht bekannt, wann er aus dem KZ wieder entlassen wurde. Ebenfalls wurde zu Beginn der NS-Zeit Anna Binek festgenommen und kam zunächst ins Berliner Frauengefängnis in der Barnimstraße. Dort war sie bis zum 31. Oktober 1933 inhaftiert. Da sie krank war, baten ihre Kinder im September mit einem Brief an den Landrat des Kreises Teltow um ihre Freilassung. Erst infolge eines Schreibens an den Reichskanzler Adolf Hitler und einer Anordnung des Teltower Landrates kam sie schließlich am 2. November 1933 frei. Erst danach erfuhr sie eine Verurteilung durch das Berliner Kammergericht. Es ist unklar, ob sie dann noch in das KZ Oranienburg eingeliefert wurde. Gewiss ist jedoch, dass sie wieder nach Teltow zurückkehrte, wo sie am 14. Januar 1945 durch einen Bombenangriff ums Leben kam. Stanislaus Binek überlebte die NS-Zeit und starb am 17. Mai 1974 in Teltow. 

Familie Valeska, Georg, Heinz und Werner David (1870-1963)       Max-Sabersky-Allee 4   

Im gleichen Haus wie die Familie Glaser in der General-Litzmann-Allee 4 (heute: Max-Sabersky-Allee 4) lebt auch die Familie David. Valeska (“Wally”) David, geb. Bursch, ist die Schwester von Hedwig Glaser. Viele Jahre wohnen Georg und Wally in Berlin in der Köpenicker Straße und in der Holzmarktstraße 53. Nach der Geburt des ersten Sohnes Heinz steigt Georg David in das Geschäft seines Schwiegervaters Wilhelm Bursch als Mitinhaber ein. Dieser zieht sich um 1910 aus dem Geschäft zurück, zweiter Inhaber neben Georg David wird nun Curt Glaser. Viele Postkarten zeugen von einem harmonischen Familienleben und einem engen Kontakt zu den anderen Familienmitgliedern. Nach dem Abitur studiert Heinz David Jura in Berlin, Freiburg und schließt es 1925 mit der Promotion zum Dr. jur. an der Universität Breslau ab.  Danach beginnt er ein Referendariat in verschiedenen Berliner Gerichten und wird im Handelsregister von 1931 als Prokurist der Fa. Wilhelm Bursch genannt. Ende der 20er Jahre wohnt die Familie in der Prinzregentenstraße 6 in Berlin-Schöneberg und zieht anschließend nach Teltow.  Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist es Juden verboten, als Juristen tätig zu sein. Davon ist auch Heinz David betroffen. Am 3. August 1933 stirbt Wally David in ihrem Haus in Seehof im Alter von nur 52 Jahren an einem Gehirnschlag. Sie wird auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beigesetzt. Die “Nürnberger Gesetze” 1935, die Beziehungen zwischen Juden und “Ariern” verbieten, bestärken Heinz David darin, Deutschland zu verlassen. Er nützt eine Reise in die Schweiz, wartet dort auf sein Visum und flieht im Mai 1936 nach New York, als erster der acht Enkel von Wilhelm Bursch. Sein Bruder Werner, der zuvor schon einmal in den USA gewesen war, folgt ihm zusammen mit seiner künftigen Schwägerin Margarete Ende Dezember 1937. Heinz kann beruflich als Patentanwalt wieder Fuß fassen. Georg David kann erst nach Mai 1939 Teltow verlassen, er erreicht New York völlig mittellos in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Am 28. Oktober 1941 wird Heinz und Werner David die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Damit wird ihr auf einem Sperrkonto befindliches Restvermögen durch das Reich beschlagnahmt. Georg David stirbt am 5. Juni 1955 in Manhattan, er wird auf den Jüdischen Friedhof  in Berlin überführt. Sein Sohn Heinz stirbt wenig später, am26. März 1956 in Manhassett. Werner David tritt in die US-Army ein und ist nach Kriegsende in der Textilbranche tätig. Er stirbt am 3. Oktober 1963 in New York.

Familie Valeska, Georg, Heinz und Werner David (1870-1963)

 

Im gleichen Haus wie die Familie Glaser in der General-Litzmann-Allee 4 (heute Max-Sabersky-Allee 4) lebt auch die Familie David. Valeska („Wally“) David, geb. Bursch, ist die Schwester von Hedwig Glaser.

1870 Geburt von Georg David am 14. Februar in Berlin
1881 Geburt von Valeska Bursch am 16. März in Berlin
1902 Heirat von Georg und Valeska David
1903 Geburt des Sohnes Heinz am 15. Juli in Berlin

1904 Einstieg von Georg David in das Geschäft seines Schwiegervaters Wilhelm Bursch

1909 Geburt des Sohnes Fritz Werner am 30. April, die Familie wohnt in der Holzmarktstrasse 53, dann Köpenicker Str. 36-38, danach Dresdener Str. 76

1921-1925 Jurastudium von Heinz David in Berlin, Freiburg, Berlin und Breslau

1925 Erlangung der Doktorwürde an der Universität Breslau
1933 Tod von Valeska David am 3. August in Teltow-Seehof
1936 Emigration von Dr. Heinz David nach New York, ihm folgt
1937 Werner David nach New York
1937 Heirat von Heinz David und Margarete Starick am 23.12.

1939 Emigration von Georg David nach New York
1955 Tod von Georg David am 5. Juni

1956 Tod von Heinz David am 26. März
1963 Tod von Werner David am 31. Oktober
Viele Jahre wohnen Georg und Wally David in Berlin in der Köpenicker Str. und in der Holzmarktstr. 53. Nach der Geburt seines ersten Sohnes Heinz steigt Georg David in das Geschäft seines Schwiegervaters Wilhelm Bursch als Mitinhaber ein. Wilhelm Bursch zieht sich um 1910 aus dem Geschäft zurück, zweiter Inhaber neben Georg David wird nun Curt Glaser. Im Urlaub fährt die Familie an die Ostsee, an die Riviera, nach Rothenburg/Tauber oder zusammen mit der Familie Glaser z.B. nach Garmisch-Partenkirchen im Februar 1927. Viele Postkarten zeugen von einem harmonischen Familienleben und einem engen Kontakt zu den anderen Familienmitgliedern.

Nach dem Abitur studiert Heinz Jura in Berlin, Freiburg, noch einmal Berlin und schließt 1925 sein Studium mit der Promotion zum Dr. jur. an der Universität Breslau ab. Danach beginnt er ein Referendariat in verschiedenen Berliner Gerichten und ist im Handelsregister von 1931 als Prokurist der Firma Wilhelm Bursch genannt. Die Leidenschaft für das Wasser verbindet die Brüder Heinz und Werner. Heinz David besitzt mit Hans Glaser zusammen ein Segelboot, die „Abu Markub“, auf dem Heinz, seine nichtjüdische Freundin Margarete Starick, Werner und Hans oft die Wochenenden im Sommer und die Ferien verbringen. Ende der zwanziger Jahre wohnt die Familie in der Prinzregentenstr. 6 in Berlin-Schöneberg und zieht anschließend nach Teltow. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist es Juden verboten, als Juristen tätig sein. Davon betroffen ist auch Heinz David. Am 3. August 1933 stirbt Wally David in ihrem Haus in Seehof im Alter von 52 Jahren an einem Gehirnschlag. Sie wird auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Die „Nürnberger Gesetze“ 1935, die Beziehungen zwischen Juden und „Ariern“ verbieten, bestärken Heinz David, Deutschland zu verlassen. Er nützt eine Reise in die Schweiz, wartet dort auf sein Visum und flieht im Mai 1936 nach New York – als erster der acht Enkel von Wilhelm Bursch. Sein Bruder Werner, der zuvor schon einmal in den USA gewesen war, folgt ihm zusammen mit seiner künftigen Schwägerin Margarete Ende Dezember 1937. Mit der „S.S. President Roosevelt“ verlassen die beiden am 8. Dezember Deutschland von Hamburg aus via Irland mit dem Ziel New York. Am 23. Dezember 1937 heiraten Margarete und Heinz in New York. Nach seiner Emigration wohnt Günter (Fred) Glaser eine kurz Zeit bei ihnen. Heinz kann beruflich als Patentanwalt wieder Fuß fassen. Heinz und Margarete bekommen zwei Töchter. Georg David gelingt es erst nach Mai 1939, Teltow zu verlassen, er erreicht New York völlig mittellos in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Am 28. Oktober 1941 wird Heinz und Werner David durch die Nationalsozialisten die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, damit wird ihr auf einem Sperrkonto befindliches Restvermögen durch das Reich beschlagnahmt. Georg David stirbt am 5. Juni 1955 in Manhattan, sein Leichnam wird auf den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee überführt. Sein Sohn Heinz stirbt wenig später am 26. März 1956 in Manhassett. Werner David tritt in die US-Army ein und ist nach Kriegsende in der Textilbranche tätig. Er stirbt am 31. Oktober 1963 in New York.

August Förster                                           Lichterfelder Straße 4 (heute: L. Allee)

August Förster kam am 29. Mai 1890 in einem kleinen Dorf in Ostpreußen als Sohn einer Landarbeiterfamilie zur Welt. Nach dem Militärdienst erhielt August Förster die Anstellung eines Fahrers der Teltower Kreisbahn. 1920 trat er der KPD bei und war bis 1932 Stadtverordneter in Teltow. Bis zum Verbot der KPD im Jahre 1933 agierte er als Mitglied der erweiterten Bezirksleitung der KPD Berlin-Brandenburg. Am 28. Juni 1933 wurde er zum zweiten Mal verhaftet und ins Konzentrationslager in Oranienburg eingeliefert. Drei Monate später, am 7. November 1933 wurde August Förster aus der Schutzhaft entlassen mit der Auflage, sich täglich bei der Ortspolizeibehörde Teltow zu melden. 1937 wurde er wieder verhaftet und zu zwei Jahren Zuchthaus (Luckau) und drei Jahren Ehrverlust verurteilt. Ihm vorgeworfen, das spanische Volk in seinem Kampf gegen den Faschismus indirekt unterstützt zu haben. Das Gericht verurteilte ihn wegen Hochverrats. 1939 wurde er entlassen. Nach dem Krieg war er stellvertretender Bürgermeister in Teltow. Im Alter von 64 Jahren verstarb August Förster am 21. August 1954.

Familie Hedwig, Curt, Hans und Günter Glaser (1873-2005)                  Max-Sabersky-Allee 4

Die als Tochter des Kaufmanns Wolf (Wilhelm) Bursch am 12.11.1882 in Berlin geborene Hedwig Bursch heiratet am 22.12.1904 den Apotheker Curt Glaser, geboren am 22.11.1873 in Oberglogau, Schlesien. Oft besucht die Familie ihre Verwandtschaft in Teltow-Seehof, wo Wilhelm Bursch, Hedwig Glasers Vater, eine Villa in der General-Litzmann-Allee 4 (heute Max-Sabersky-Allee 4) besitzt. In Seehof leben auch zwei Schwestern von Hedwig, Gertrud Dreyfuß und Valeska David, mit ihren Familien, während der Bruder Alfred, Dipl.-Ing. und Patentanwalt, in Berlin lebt. 1931/32 entschließt sich die Familie Glaser, in die Villa von Wilhelm Bursch nach Teltow-Seehof zu ziehen. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 ändert sich das Leben der Familie radikal. Günter Glaser, der eigentlich Internist werden möchte, muss seine beruflichen Träume aufgeben, er beginnt nach dem Abitur eine Lehre in einem Bekleidungsgeschäft und tritt 1937 in das Geschäft seines Vaters ein. Bereits 1933 wird Günter wegen seines jüdischen Glaubens aus dem Teltower Schwimmverein ausgeschlossen, die Kontakte zu seinen nichtjüdischen Freunden werden spürbar weniger. Im Zusammenhang mit den Nürnberger Gesetzen 1935 nehmen die Diskriminierungen und Ausgrenzungen jüdischer Mitbürger zu. Auch die Familie Glaser hat darunter zu leiden. Sie darf z.B. kein „arisches“ Hausmädchen mehr beschäftigen. Einen Höhepunkt zunehmender Anfeindung erfährt die Familie unmittelbar nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Kurz nachdem sie in ihrem Haus in Teltow von den Unruhen und Ausschreitungen gegen Juden erfahren haben, klingeln SA-Männer an der Haustür, die bereits das Gartentor eingestoßen haben. Als die Familie nicht öffnet, versuchen die SA-Männer, die Haustür mit einem Holzbalken einzustoßen. Hans Glaser ruft die Polizeiwache in Teltow an, die darauf einen Mannschaftswagen vorbeischickt, der nach einem Disput die SA zum Abzug bewegt. In dieser Zeit halten sich Hans und Günter auf dem Dachboden versteckt. Curt Glaser muss der örtlichen Polizei seine Pistole aushändigen, obwohl er dafür einen Waffenschein besitzt. Rund einen Monat nach der Pogromnacht wird Hans zur Abholung der Waffe auf die Polizeiwache in Teltow bestellt. Bei dieser Gelegenheit wird er verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis nach Potsdam gebracht, wo er drei Wochen zusammen mit anderen Juden inhaftiert bleibt. Günter kann der Polizei, die ihn ebenfalls verhaften will, entkommen; ein Polizist, der ihn wahrscheinlich erkennt und laufen lässt, als er flüchtet, rettet ihm dadurch das Leben. Hans, der aus dem Gefängnis entlassen wird unter der Bedingung, innerhalb von drei Wochen zu emigrieren, verlässt Deutschland Ende Dezember 1938/Anfang Januar 1939 mit dem ersten Ziel Stockholm. Sein Bruder Günter emigriert rund sechs Wochen später, am 20./21.2.1939, zu seinem Bruder nach Schweden, wo er ein Jahr bleibt. Beide Brüder emigrieren dann nach Amerika, Hans als erster, Günter folgt ihm im Februar 1940 über Oslo nach New York.

Ein schlimmes Schicksal erleiden die zurückgebliebenen Eltern Hedwig und Curt. Das Geschäft in Berlin wird in der Pogromnacht teilweise zerstört und muss wiederaufgebaut werden. In Teltow werden die Glasers nach der Pogromnacht aus ihrem Haus vertrieben. Teltower Bürger haben ihr Haus gestürmt, die Möbel aus dem Fenster geworfen. Hedwig und Curt sind gezwungen, in ein kleines Zimmer im Gartenhaus auf ihrem Grundstück zu ziehen. Die Stadt Teltow unter NS-Bürgermeister Pilling erhebt seit Dezember 1938 Ansprüche auf das Haus der Familie Glaser. Der Versuch der Familie, das Haus an Privatleute zu verkaufen, scheitert, da der Landrat des Kreises Teltow den Kaufvertrag aufgrund der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 nicht genehmigt. Hedwig und Curt Glaser und Hedwigs Bruder Alfred Bursch sind deshalb gezwungen, am 3. Dezember 1940 das Haus zu einem festgelegten Preis von 30.000 Reichsmark an die Stadt Teltow zu verkaufen. Aus dem Kaufpreis muss die sog. Judenvermögensabgabe an das Finanzamt Teltow bezahlt werden, der Resterlös wird auf einem Sperrkonto bei der Devisenbank eingefroren, über das die Familie nicht frei verfügen darf. Der Weg ist nun frei für den Einzug der Ortsgruppe der NSDAP Teltow-Seehof in die Villa. Trotz aller Schwierigkeiten, Diskriminierungen und Anfeindungen gelingt es Hedwig und Curt Glaser, als letzte Mitglieder ihrer Familie zu emigrieren. Von ihrem Eigentum können sie fast nichts mitnehmen. Sie emigrieren am 5. Juni 1941 mit dem Zug nach Portugal und von dort aus mit dem Schiff nach New York.  Nach ihrer Emigration wird ihnen noch im Oktober 1941 die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt, und sämtliche Vermögenswerte werden durch das Deutsche Reich beschlagnahmt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wird das Haus in Teltow-Seehof der Familie 1998 rückübertragen und von ihr verkauft.

Ernestine Gumpert                                         Potsdamer Straße 68

geborene Heidemann, war die Ehefrau des 1931 verstorbenen Futtermittelhändlers Leopold Gumpert. Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie mit ihrer Haustochter Else Thiemes, ab 1935 verheiratete Brademann, in ihrem Haus in der Lindenstraße 39 (heute Potsdamer Straße 68). Bald bekam sie die Drangsalierungen des NS-Regimes zu spüren. Sie mied die Öffentlichkeit und wurde vom Ehepaar Brademann versorgt und beschützt. In der Reichspogromnacht 1938 wurde das Geschäft ihres Mannes durch eine Tafel mit der Aufschrift Jude gebrandmarkt. Als Dank für den mutigen Einsatz ihrer Mitbewohner vererbte sie ihnen Haus und Grundstück. Schließlich wurde Ernestine Gumpert Anfang Mai 1943 von ihrer Wohnung aus nach Berlin in das Sammellager Große Hamburger Straße gebracht. Mit dem 90. Alterstransport gelangte sie am 28. Mai 1943 ins KZ Theresienstadt, am 23. Oktober 1944 nach Auschwitz, wo sie umkam.

Andreas Müller                                      Saalestraße 21

wohnte auch in der Lichterfelder Straße 4, war Arbeiter, Gewerkschafter und Mitglied der Roten Hilfe und der KPD. Im März 1933 erfolgte seine Verhaftung gemeinsam mit den Genossen August Förster, Wilhelm Schicketanz und Kleinwächter aus der Ortsgruppe Teltow der KPD. Zuerst kam er in das Gefängnis Lehrter Straße, anschließend ins Militärgefängnis in Spandau und schließlich ins Konzentrationslager Oranienburg. In der Lehrter Straße saß er sechs Wochen in Einzelhaft, in Spandau mussten 50 Häftlinge in einem Saal leben. In Oranienburg kam der Lagerleiter aus Teltow, der besonders die Teltower im Blickfeld hatte. Dabei wurden auch bei kleinsten “Fehlverhalten” Faustschläge ins Gesicht verteilt. Auf Grund eines Gesuchs seines Vaters wurde er im Oktober 1933 aus dem KZ entlassen mit der Auflage, den Wohnort Teltow sofort zu verlassen und sich nur noch in seinem Heimatort Wallenfels aufzuhalten. 

Auguste Neumann                                       Gunterstraße 16

Auguste Neumann wurde am 3. Februar 1902 als Auguste Grett in Oberschlesien geboren. 1923 heiratete sie den Stellmacher Fritz Paul Neumann. Auguste und Fritz Neumann zogen 1932 in ihr neu erbautes Haus in der Gunterstraße. Die Familie trat 1933 dem damaligen Apostelamt Simeon bei, einer apostolischen Religionsgemeinschaft, die im November 1934 unter dem Vorwurf „marxistischer Umtriebe“ von den Nationalsozialisten verboten wurde. Ein großer Teil der führenden Mitglieder wurde verhaftet, doch in kleinsten Kreisen kam man weiterhin zusammen und wahrte den Zusammenhalt. Ihre beiden Kinder besuchten hier die Schule. Ihr ruhiges Leben änderte sich 1944, als sie am 30. Mai 1944 verhaftet wurde. Man vermutete,  sie habe Häftlingen aus dem Arbeitserziehungslager Großbeeren Lebensmittel gegeben und sei dabei beobachtet und denunziert worden. Doch laut Anklage wurde sie beschuldigt, „die gewaltsame Beseitigung der Staatsführung propagiert und auch durch sonstige Äußerungen Wehrkraftzersetzung betrieben zu haben.“ Im Juli kam sie in das Frauengefängnis Barnimstraße in Berlin, später wurde sie nach Cottbus verlegt, wo sie am 9. Februar 1945 starb.

Ludwig Niedermaier                                      Elsterstraße 1

Er wurde am 24. Januar 1906 in der Nähe von München geboren. 1926 kam er nach Teltow und arbeitete als Sattler in der Spinnstofffabrik in Zehlendorf. 1930 heiratete er in Teltow Frida Marx. – Am 10. März 1933 wird er wegen Mitgliedschaft in der KPD verhaftet und ins Gefängnis Plötzensee gebracht, von dort ins KZ Oranienburg. Am 17.11.1933 wird er wieder nach Teltow entlassen.

Oskar Pollner                                               Alsterstraße 7

Oskar Pollner wurde am 3. März 1885 in Thüringen geboren. Er war von Beruf Porzellandreher, zog 1911 nach Teltow und arbeitete hier in der Porzellanfabrik Schomburg. Aus gesundheitlichen Gründen wechselte er Anfang der 20er-Jahre den Beruf und arbeitete in den Sendlinger Optischen Glaswerken in der Goerzallee als Hausmeister. Er war SPD-Mitglied und hatte den Vorsitz des Ortsvereins des Teltower Reichsbanners inne. 1931/32 wirkte er in Teltow als ehrenamtlicher Stadtrat. 1933 baute er in der Alsterstr. 7 ein Haus. Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten durfte er infolge des Verbots des Reichsbanners im März 1933 und der SPD im Juni 1933 seine politischen Ämter nicht mehr ausüben. Dennoch blieb er seiner Partei verbunden. Am 22. August 1944 wurde er bei der sogenannten Aktion Gitter durch die Gestapo verhaftet. Diese Aktion folgte auf das gescheiterte Hitlerattentat und betraf alle ehemaligen Reichs- und Landtagsabgeordneten sowie Stadtverordnete der KPD und SPD und sämtliche einstige Partei- und Gewerkschafts-sekretäre der SPD im Reich. Er wurde in das KZ Sachsenhausen gebracht, von dort konnte er noch ein Lebenszeichen an seine Familie schicken. Seit dem Februar 1945 gilt er als verschollen, vielleicht wurde er auch nach Bergen-Belsen evakuiert und hat diesen Transport nicht überlebt.

Ewald Thieke                                                 Bäckerstraße 4

wird am 2. Oktober 1901 als jüngstes Kind der Familie in Teltow geboren. Er hat neben seinem Bruder Fritz noch einen weiteren, Paul, der 1912 mit 21 Jahren in der „Irrenanstalt“ Teupitz stirbt. Er erwähnt in seinem Lebenslauf auch seine Schwester Hedwig. Der Wohnort der Familie Thieke ist die Bäckerstraße 4. Ewald verbringt keine einfache Kindheit. Es gibt Hinweise auf die Trunksucht des Vaters. Ab seinem 12. Lebensjahr wird er wiederholt wegen „einfacher Seelenstörung“ bzw. „manischer Depression“ in sog. „Irrenanstalten“ in Potsdam bzw. nach Teupitz eingewiesen. Dort wird er „nach Genesung“ oder „gebessert“ entlassen. In der Zeit seiner Ausbildung wird er als ungewöhnlich fleißig und lernbegierig beschrieben und als ein ruhiger, emsiger Schriftsetzerlehrling, der nach eigenen Angaben danach strebte, im Leben vorwärts zu kommen. Der einweisende Arzt aus Stahnsdorf beschreibt ihn aber als unruhig, teilweise gewalttätig oder manchmal apathisch und bescheinigt eine Blutarmut. 1927 wird Ewald erneut nach Teupitz gebracht. 1928 darf er auf Antrag der Mutter vier Wochen zuhause verbringen, bei seiner Rückkehr hat er abgenommen. Er verbringt sein weiteres Leben in Teupitz. Die Eintragungen in seiner Krankenakte enden am 29. August 1940 mit dem Vermerk „heute früh überführt nach…“.Die drei Punkte stehen für die nächstgelegene Tötungsanstalt Brandenburg/ Görden, wo Ewald Thieke im Rahmen der Euthanasie – Aktion T4 in der Gaskammer ermordet wird. Um dies zu verschleiern, wurden die Akten getauscht und so erhält die Mutter im September 1940 die Mitteilung aus der Landes-Pflegeanstalt Grafeneck, dass ihr Sohn Ewald am 11. September „plötzlich und unerwartet“ verstorben ist. Zynisch wird hinzugefügt: „Bei seiner schweren, geistigen Erkrankung bedeutete das Leben für den Verstorbenen eine Qual. So müssen Sie seinen Tod als Erlösung auffassen.“

Fritz Thieke                                                    Bäckerstraße 4

Fritz war Ewalds ältester Bruder, geboren am 18. Januar 1894 in Teltow. Er war Schlosser und arbeitete bei den Nordflug-Werken. Er wurde am 24. Juli 1933 unter der Anklage der Verbreitung der ‘Roten Fahne’ verhaftet und kam ins KZ Oranienburg. Am 29. Oktober wird er unter Auflagen nach Teltow entlassen.

Dr. Ernst Valentin                                              Teltower Straße 20A

Der Ingenieur, Autokonstrukteur, Publizist und Verleger Ernst Valentin (1874-1950) lebte seit Mitte der 20er-Jahre in der Teltower Straße 20 in der damals noch eigenständigen Gemeinde Ruhlsdorf. Bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges wirkte er als leitender Ingenieur in in- und ausländischen Autofabriken. In Teltow leitete er von 1911 bis 1912 die Flugübungsfeld Teltow Gesellschaft, die sich vor allem mit Flugversuchen auf dem Flugplatz nahe dem Bahnhof Teltow befasste. In der Weimarer Republik war er zunächst tätig im Reichsamt für Luft- und Kraftfahrwesen und danach als beeidigter Sachverständiger für Kraftfahrzeuge. Nach der Zerstörung seiner Existenzgrundlage in der NS-Zeit entschloss er sich 1939 zur Auswanderung nach Brasilien. Sein Villengrundstück in Ruhlsdorf fiel an die benachbarte Maschinenbaufabrik von Curt von Grueber. In Sao Paulo, wo er eine Firma zur Herstellung von Drehbänken unterhielt, starb er am 19. April 1950 an einem Gehirnschlag.  

Emma Wahlsdorf                                            Breite Straße 30

Das in Zehlendorf arbeitende Hausmädchen Emma Wahlsdorf (1883-1940) wohnte mit ihren Eltern in Teltow in der Ritterstraße 8, später in der Breiten Straße 4. Wegen einer geistigen Erkrankung wurde sie 1903 in die Brandenburgische Landesirrenanstalt in Eberswalde eingewiesen, wo mit Unterbrechungen bis 1940 blieb. Sie litt an Sinnesstörungen, Wahnvorstellungen und Geistesschwäche. Seit 1933 galt sie in den Augen der Nationalsozialisten als lebensunwertes Leben. Im Jahre 1936 wurde sie vom Amtsarzt des Gesundheitsamtes Berlin-Steglitz den Behörden als erbkrank registriert. Obwohl sie bereits über 50 Jahre war, wurde sie offensichtlich sterilisiert und damit körperlich verstümmelt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war sie wie andere Kranke von den Euthanasiemaßnahmen betroffen. Am 4. Juli 1940 gelangte sie von Eberswalde in die T4-Tötungsanstalt in Brandenburg-Görden. Dort starb sie am 18. Juli durch das Einatmen von Kohlenmonoxid.

Walter Zehden                                               Kleiststraße 13

Der 1882 in Landesberg an der Warthe geborene Kartoffelhändler  lebte von 1934 bis 1938 mit seiner nichtjüdischen Ehefrau Marie, geborene Großpietsch, in einem Landhaus in der Kleiststraße 13. Nach der Reichspogromnacht wurde er am 22. November 1938 verhaftet und ins KZ Sachsenhausen gebracht, aus dem er fast zwei Monate später wieder entlassen wird. Damit sein Hausgrundstück wegen seiner Mischehe von der Stadt Teltow nicht weggenommen wurde, übertrug er es 1941 seiner Frau als Schenkung. Im November 1941 wurde er wegen seines Gallenblasenkrebses ins Jüdische Krankenhaus in Berlin eingeliefert. Dort verstarb er am 5. Dezember desselben Jahres und wurde auf Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee ohne Namenshinweis im Grab seiner Eltern beigesetzt.

Neue Stolpersteine

Reinhold Böttcher                                       Striewitzweg 26

Reinhold Böttcher, Kaufmann, wurde 1903 auf Usedom geboren. Nach Verbüßung einer Strafe wegen Verstoßes gegen den § 175 (Homosexualität) kam er im April 1938 nach Teltow. Er wohnte im Striewitzweg 26, wo er sich mit einem Arbeiter ein Zimmer teilte. Beide fanden Arbeit bei der Baufirma Klammt, wo auch der 18jährige Bauarbeiter Arthur Rybach arbeitete. Nach einem Kneipenabend im Lokal Lindemann nahmen sie den wohnungslosen jungen Mann mit zu sich nach Hause. Vor Gericht sagte Rybach später aus, dass es dabei zu Annäherungsversuchen gekommen sei, traf sich später noch zweimal mit Böttcher, wobei dieser sich ihm erneut sexuell genähert haben soll. Im August 1938 zeigte Rybach Böttcher bei der Polizei an. Böttcher selbst stritt die Annäherungsversuche ab. Doch das Gericht sah ihn als Wiederholungstäter. Die knapp zweijährige Haft verbrachte er zunächst im Gefängnis in Berlin, ehe er im Januar 1939 ins Zuchthaus Brandenburg-Görden und im Februar 1939 ins Konzentrationslager Börgermoor im Emsland kam, aus dem er im Juni 1940 entlassen wurde. Seine nächste Spur findet sich auf einer Liste der Zugänge des Konzentrationslagers Sachsenhausen vom Dezember 1940, offenbar war er in  „Vorbeugehaft“ genommen worden. Am 11. Mai 1941 unterzeichnete er den Aufnahmeschein des Konzentrationslagers Groß-Rosen in Niederschlesien. Ein knappes Jahr später starb Reinhold Böttcher mit nur 39 Jahren. Im Sterbebuch steht als Todesursache Gehirnembolie.

Johann Fiolka                                          Mainstraße 5

Johann Emil Fiolka wurde am 16.03.1895 als Sohn von Emma und Jakob Fiolka in Teltow geboren. Als Johann Emil Fiolka 1918 Emma Salzmann heiratete, hatten sie bereits ihren Sohn Paul, geboren am 18.11.1916. Paul hat 1941 geheiratet und starb 1983. Die Familie war wohnhaft in der Siedlung ‚Selbsthilfe‘. Johann war Steinsetzer, nur 1,61 m groß und schlank. Er war nach seinen eigenen Angaben Mitglied der KPD seit 1920 bis zur Auflösung im März 1933 und in der Roten Hilfe sowie Gewerkschafter im Steinsetzerverband. Im Oktober 1928 kam er als Vertreter der KPD als Nachrücker für Walter Schulze in die Stadtverordnetenversammlung und gehörte ihr bis 1933 an. Bei seiner Verhaftung am 4. Juli 33 wohnte er in der Mainstraße 5 und wurde von dort in den „Schwarzen Adler“ verbracht, wo er schwer misshandelt wurde. Am 24. Juli wurde er vom Landrat des Kreises Teltow zur „Inschutzhaftnahme“ ins Lager Oranienburg überstellt, zusammen mit Keßler, Thieke, Jost und Ksionsek. Er selber schrieb: „Mitte Juni brachte mein Sohn Paul eine Rote Fahne mit, die er für 10 Pf. gekauft hatte von Keßler.“ Seine Entlassung aus Oranienburg erfolgte auf Anordnung des Landrats des Kreises Teltow vom 21.11.33 am 25.11.33 (zusammen mit Otto Keßler und Friedrich Habermann) unter der Auflage, die ‚Verpflichtungs-erklärung‘ zu unterzeichnen und täglich der Meldepflicht bei der örtlichen Polizeibehörde nachzukommen. Später kam er zur „Organisation Todt“ und wurde 1943 erneut verhaftet. Bis zu seiner Verhandlung war er wieder sieben Monate in Haft und kam danach nach Norwegen und dort in Kriegsgefangenschaft. Johann wurde am 10.01.1946 als Opfer des Faschismus anerkannt. 1952 erhielt er den Ausweis als Verfolgter des Naziregimes, das ihm eine Zusatzrente zusicherte. Johann Fiolka starb verwitwet am 23.12.1957 in seinem Haus in der Mainstraße 5 im Alter von nur 62 Jahren. 

Otto Keßler                        Walther-Rathenau-Straße 17

Auch die Familie Keßler war in Teltow zahlreich vertreten. Wilhelm Hermann Otto Keßler wurde am 7.11.1902 in Teltow als Kind des Maurers Wilhelm Keßler und seiner Ehefrau Auguste geboren. Otto wurde Schlosser. Bei seiner Eheschließung am 30. März 1929 mit Emma Martha Lipinski aus Schlesien wohnte er in der Rhein-Ruhr-Straße 17 (zuvor und heute Walter-Rathenau-Straße). Das Ehepaar hatte drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter. Von März bis Oktober 1932 war Otto Mitglied der KPD, hat sich später nach eigener Aussage aber nicht mehr politisch betätigt. Bei der Renovierung seines Hauses fand sich fast 90 Jahre später sein unter Dielen verstecktes Mitgliedsbuch der KPD. Er kaufte im Juni 1933 von Otto Wolf die Rote Fahne für 20 Pfennig und verkaufte sie anschließend weiter an Paul Fiolka, dem Sohn von Johann Fiolka, der gleich um die Ecke wohnte. auch er wurde wegen dieses „Vergehens“ am 22. Juli 1933 verhaftet und auf Geheiß des Bürgermeisters von Teltow vom 24. Juli 1933 mit Fiolka, Thieke, Jost und Ksionseck und des Landrats des Kreises vom 25. Juli 1933 ins KZ Oranienburg überstellt. Seine Entlassung erfolgte gemeinsam mit Johann Fiolka und Friedrich Habermann am 25.11.1933 nach Teltow unter den üblichen Auflagen. Keßler starb am 10. Februar 1941 im Krankenhaus Bethanien am Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg an „Schlagadererweiterung“.

Reinhold Böttcher                   Striewitzweg 26

wurde 1903 auf Usedom geboren und war Kaufmann. 1936 verurteilte ihn das Landgericht Stettin wegen Verstoßes gegen den § 175, der Homosexualität unter Strafe stellte. Er kam nach Teltow und arbeitete in einer Baufirma. 1938 wurde er erneut angeklagt und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Haft verbrachte er zunächst im Gefängnis Lehrter Straße in Berlin, ehe er im Januar 1939 ins Zuchthaus Brandenburg-Görden und im Februar 1939 ins Konzentrationslager Börgermoor im Emsland kam, von wo er im Juni 1940 entlassen wurde. Seine nächste Spur findet sich auf einer Liste der Zugänge des Konzentrationslagers Sachsenhausen vom Dezember 1940, offenbar wurde er in „Vorbeugehaft“ genommen. Am 11. Mai 1941 unterzeichnete er den Aufnahmeschein des Konzentrationslagers Groß-Rosen in Niederschlesien. Ein knappes Jahr später, am 17. April 1942 um 7.30 Uhr, starb Reinhold Böttcher mit nur 39 Jahren. Im Sterbebuch des Standesamtes Groß-Rosen steht als Todesursache Gehirnembolie.

Frieda Lucke                    August-Bebel-Straße 16

Die Hausfrau Frieda Lucke, geb. Hennig, geb. am 19.6.1903 in Schönow, wird am 26.7.1933 in Teltow verhaftet und in das Frauengefängnis Barnimstr. in Berlin eingeliefert. Man wirft ihr vor, kommunistische Schriften vertrieben und Geld für Schutzhäftlinge gesammelt zu haben. Sie wird auf Anordnung des Landrats des Kreises Teltow, Koennecke, am 1.11.1933 in das KZ Moringen überstellt. Sie wird zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Sie verbüßt ihre Strafe im KZ Moringen, über ihre Entlassung aus Moringen im Juli 1935 (nach Abzug der 14 Monate Untersuchungshaft) gibt es keine Unterlagen. 

Hermann Lucke                   August-Bebel-Straße 16

Hermann Lucke, geb. am 22.1.1899 in Blumberg/Neumark, wohnt mit seiner Frau Frieda in Teltow in der Emsstraße 16 und arbeitet als Bauarbeiter.  Er wird am 4.8.1933 zusammen mit anderen in Teltow wegen des „Verdachts der Verbreitung von kommunistischen Zeitschriften („Rote Fahne“) und der „Vorbereitung zum Hochverrat“ verhaftet und am 5.8.1933 ins KZ Oranienburg eingewiesen. Hermann wird zu 2 Jahren 6 Monaten Zuchthaus verurteilt, es werden 14 Monate Untersuchungshaft angerechnet; die restliche Haft hat Hermann Lucke im Gefängnis Luckau zu verbüßen. Dort wird er am 20.2.1936 entlassen.

Auguste Fischer                     Elsterstraße 1

Auguste Michel wurde am 30. November 1881 in Manchester geboren und heiratete 1903 den Steingutdreher Paul Fischer.  Es ist anzunehmen, dass Auguste Fischer, deren Beruf laut Heiratsurkunde Malerin war,  als Porzellanmalerin beschäftigt war. Seit 1908 lebte das Paar in Teltow, wo Paul Fischer in der Porzellanfabrik Dralowid arbeitete. Die Fischers wohnten in der Elsterstraße 1, die dann in Hamburger Platz umbenannt wurde. Das Paar war kinderlos und Paul Fischer starb am 9. Dezember 1940 an den Folgen einer Staublunge. Ohne den Schutz ihres nicht jüdischen Ehemanns war Auguste Fischer nun völlig auf sich allein gestellt. Am 8. April 1942 erhielt sie zur Vorbereitung ihrer „Auswanderung“ eine seitenlange Vermögenserklärung, die sie am 9. April ausfüllte. Daraus geht hervor, dass sie scheinbar im Februar 1942 in eine kleinere Wohnung im selben Haus gezogen war.  Schon eine Woche später, am 14. April 1942, begann für die 60-Jährige mit dem XIII. Osttransport von Berlin nach Warschau die Reise in den Tod.

Bilder

Ausstellungen

Verlegungen

Zurzeit sind wir mit neuen Recherchen zu weiteren politisch Verfolgten in Teltow befasst. Es gab in den 20er Jahren und bis 1933 eine aktive politische Arbeiterbewegung in Teltow, organisiert in der Gewerkschaft, der SPD, der KPD, der Roten Hilfe. Sie wurden bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verhaftet. Viele kamen zunächst in das Konzentrationslager in Oranienburg. Über die Ergebnisse unserer Recherchen werden wir berichten.

Ein weiteres Thema unserer Forschungen sind die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen in Teltow. Auf dem Teltower Friedhof befindet sich ein Gedenkstein für polnische, französische, niederländische, tschechische und russische Opfer., darunter auch Frauen. Sie waren als Zwangsarbeiter in den zahlreichen Teltower Betrieben beschäftigt. Auch dazu erwarten wir weitere Ergebnisse.

Das Ziel ist es, die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus in Teltow in einem Buch zu veröffentlichen.

verantwortlich für den Inhalt: 

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Kontakt: gabriele.bergner@online.de

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Die Fotos der Personen wurden der Broschüre “Sie waren unsere Nachbarn”, Hrsg. Dr. Gabriele Bergner und Jens Leder, entnommen.

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